Mein Versuch gegen das Londoner System
Das Londoner System gilt als solide Eröffnung für Weiß. In einigen Kreisen gilt es als zu passiv und wird ein bisschen belächelt, aber viele Spieler*innen reagieren auch so genervt davon, wenn das Londoner System aufs Brett kommt, dass sich aus meiner Sicht schlecht gegen die Nutzung dieser Eröffnung argumentieren lässt.Im vergangenen Jahr (2023) habe ich bei der Internationalen Offenen Deutschen Frauen-Einzelmeisterschaft in Magdeburg mitgespielt. Dort hatte ich unter anderem das Vergnügen gegen Emma Kohler anzutreten, die uns das Londoner System aufs Brett gezaubert hat. Über diese Partie möchte ich mit euch nun reden.
Also, lasst uns anfangen und uns die ersten 9 Züge ansehen.
Abschnitt 1 – Eröffnung: Londoner System
Weiß entscheidet sich für einen normalen Londoner Aufbau. Ich habe in diesem Abschnitt noch nicht versucht, mit Db6 den schwächer gewordenen b-Bauern anzugreifen, dafür entscheide ich mich dafür, mit meinem Springer auf Läuferjagd zu gehen. Läuferpaare sind gut, richtig? Da ich relativ früh mit c5 losgelaufen bin und nun ihre h-Linie offen ist, habe ich mich gefragt, wie sie wohl rochieren möchte. Eine offene h-Linie kann für sie angenehm sein, um mich anzugreifen, gleichzeitig kann dies die eigene kurze Rochade schwieriger machen. Und will sie lang rochieren, wenn ich schon c5 gezogen habe und auf dem Damenflügel auch relativ fix weiter angreifen kann?
Gucken wir uns die nächsten Züge an.
Abschnitt 2 – Angriff auf den weißen Damenflügel
Ich habe weiter versucht, sie am Damenflügel anzugreifen, in der Hoffnung, ihre Königssicherheit damit komplizierter zu machen.
Im dritten Abschnitt der Partie seht ihr, wie ein paar Bauern von mir plötzlich ziemlich weit nach vorn auf der c-Linie gekommen sind; aber isoliert, als Doppelbauern. Klar, dass die beiden da nicht ewig zusammen stehen bleiben.
Abschnitt 3 – Isolierter Doppelbauer auf der dritten Reihe?!
Abschnitt 4 – Turm oder nicht Turm? Das ist hier die Frage.
Abschnitt 5 – Damenabtausch ist nicht immer das beste
Abschnitt 6 – Endspiel, let’s go!
Nachbesprechung
Die Partie ist letztendlich mit einem Remis geendet. Das war ein bisschen tragisch, wenn man sich ansieht, welche Stellungen teilweise auf dem Brett standen. Ich war mit der Partie aber alles in allem ganz zufrieden und konnte immerhin einen halben Punkt einpacken. Was die Partie noch etwas tragischer gemacht hatte, war jedoch, dass Emmas Wertungszahlen niedrig genug waren, dass sie sich nach der Partie bei mir für die Punkte bedankt hat, die sie mit diesem Ergebnis gutgemacht hat. Ich bin im gesamten Turnier unter den Erwartungen geblieben und hab ein gutes Minus gemacht. Das war so definitiv nicht geplant.
Die Partie ist auf jeden Fall nicht am Londoner System gescheitert, sondern eher an Taktik würde ich sagen. Gibt also genug, woran ich weiter arbeiten kann.